Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis – Leitfaden für Gesundheitsfachberufe

problemorientiertes lernen gesundheitsfachberufeRenate Fischer
Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis
Leitfaden für Gesundheitsfachberufe

W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart, 2021, 2., erweiterte und überarbeitete Auflage, 174 Seiten, 32,00 €, ISBN 978-3-17-038338-8

Einige Monate nach der Implementierung der generalistischen Pflegeausbildung in Deutschland erscheint das bereits 2004 veröffentlichte Buch „Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis“ in seiner 2., erweiterten und überarbeiteten Auflage.

Als promovierte Diplom-Pflegepädagogin und stellvertretende Schulleiterin der Schule für Pflegeberufe am Bildungscampus Koblenz verbindet die Autorin Frau Dr. phil. Renate Fischer ihr theoretisches Wissen und ihre praktische berufspädagogische Erfahrung bereits im Titel des vorliegenden Buches. Sie reagiert auf berufspädagogische Herausforderungen, die bei der Umsetzung der generalistischen Curricula auftreten können und verdeutlicht, wie das problemorientierte Lernen (POL) den generalistischen Lernansatz vervollständigen und unterstützen kann.

Im Anschluss an ein Geleitwort von Frau Prof. Dr. phil. Susanne Schewior-Popp und das Vorwort der Autorin ist das Buch in drei Teile untergliedert.

Teil I beleuchtet Hintergründe zur Entstehung und Einordnung des POL. Das Lernkonzept wird als Methode zur Entwicklung einer beruflichen Handlungskompetenz erläutert, welche Pflegende bei der ökonomischen und fachlich korrekten Lösung auftretender Probleme ein Leben lang unterstützt. Anhand von internationalen Beispielen werden mögliche Umsetzungs- und Organisationsformen des POL verdeutlicht und verglichen. Es werden Überlegungen zur Implementierung des POL als ergänzende Unterrichtsmethode geteilt, bevor der lerntheoretische und didaktische Rahmen anhand pädagogischer Ansätze und zentraler Begriffe dargestellt wird. Nachdem die Fallkonstruktion und Entwicklung von Fallbeispielen als zentrale Schlüsselelemente theoretisch erläutert werden, werden die Vorbereitung, die Durchführung und die Evaluation einer Unterrichtseinheit im Sinne des POL beispielhaft anhand eines in der Praxis durchgeführten Projektes verdeutlicht.

Teil II stellt, nach bisher noch sehr allgemeinen Informationen zum Thema POL, den direkten Bezug zwischen der Lernmethode und den Anforderungen der generalistischen Ausbildung her. Der gesetzliche Rahmen der Generalistik wird hierzu beleuchtet und mit den konzeptionellen Anforderungen des POL verglichen. Des Weiteren erfolgt eine Analyse der Lernvoraussetzungen in der Pflegeausbildung, welche ebenfalls dem in der Entwicklung problemorientierter Ansätze vorherrschenden Hochschulsetting gegenübergestellt werden. Der aus den vorhergehenden Erkenntnissen gebildete Rahmen wird weiter genutzt, um eine auf die Generalistik angepasste POL-Struktur vorzustellen, wobei die Autorin auf fachliche Informationen und eigene Erfahrungen in der Implementierung des POL zurückgreift.

Teil III beinhaltet zwölf problemorientierte Lerneinheiten, die für den Einsatz in der generalistischen Pflegeausbildung konstruiert bzw. weiterentwickelt wurden. Die Lerneinheiten sind dem ersten, zweiten und dritten Ausbildungsdrittel zugeordnet und werden durch praktische Anwendungshinweise ergänzt. Die Lernsituationen handeln von häufig auftretenden und unterschiedlich komplexen Pflegesituationen, wie z.B. postoperative Versorgung nach Hüftvollprothesen-Operation, akute Bronchitis, MRSA-Sanierung, Obstipationsbeschwerden in der häuslichen Pflege, Palliativpflege bei Brustkrebs, Niereninsuffizienz und Dialysetherapie, etc. Sie sind identisch gegliedert und enthalten das Fallbeispiel, die curriculare Einordnung, mögliche Pflegediagnosen, Lernergebnisse und Ressourcen, sowie Angaben zur Zeitplanung und zu möglichen Zusatzelementen.

Der wohl neueste und dennoch unumgänglich wichtigste Inhalt der vorliegenden Publikation ist die direkte Ausrichtung des POL auf die generalistische Pflegeausbildung. Das Thema POL ist absolut zeitgemäß und besonders im Kontext der generalistischen Zielformulierungen hervorzuheben. Theoretische Erläuterungen erfolgen in einem angemessenem Umfang und werden stets durch konkrete Praxiserfahrungen verdeutlicht. Die klare Gliederung, zahlreiche Hervorhebungen und Zusammenfassungen wichtiger Fakten, sowie die Verwendung von Piktogrammen, tragen maßgeblich zur Übersichtlichkeit des Buches bei und erleichtern den Lesenden die Orientierung. Durch einen gezielt gewählten Schreibstil unterscheidet die Autorin klar zwischen theoretischen Inhalten und praktischen Beispielen.

Aufgrund der wohldosierten theoretischen Inhalte und der vielfältigen Fallbeispiele bietet dieses Buch einen Mehrwert für alle in der Pflege tätigen Lehrpersonen, für Studierende im pflegepädagogischen Kontext, aber auch für Praxisanleitende und Auszubildende. Lehrpersonen erhalten konkrete Anregungen zur methodisch abwechslungsreichen Gestaltung ihres Unterrichts. Studierende können sich einen umfassenden Eindruck von einer spannenden und im Rahmen der Generalistik mit Sicherheit zukunftsträchtigen Lehrmethode verschaffen. Praxisanleitende erkennen in welcher Form eine Verknüpfung von Theorie und Praxis hergestellt werden kann und lernen darüber hinaus wie man Fallbeispiele verfasst und Lernaufgaben formuliert. Nicht zuletzt profitieren jedoch Auszubildende, wenn diese interessante Unterrichte erleben dürfen, in denen der Wissenserwerb mindestens ebenso stark gefördert wird wie der Transfer und der Bezug zur beruflichen Realität.

Durch fachliche Expertise und praktische Erfahrung wird das Buch „Problemorientiertes Lernen in Theorie und Praxis“ von Fr. Dr. phil. Renate Fischer seinem Titel zu jeder Zeit gerecht. Es trägt zur Erweiterung des persönlichen Horizontes bei und sollte allein aus diesem Grund von allen Menschen gelesen werden, die nun ebenfalls Interesse am POL haben und neugierig geworden sind.

Eine Rezension von Thomas Herget, MScN