Potentiale der Physiotherapie erkennen und nutzen – Von der Kompetenz zur Performanz in der Gesundheitsversorgung

potenziale der physiotherapieHeidi Höppner, Petra Kühnast, Claudia Winkelmann
Potentiale der Physiotherapie erkennen und nutzen – Von der Kompetenz zur Performanz in der Gesundheitsversorgung

medhochzwei Verlag GmbH, Heidelberg, 2020, 278 Seiten, 49,99 €, ISBN 978-3-86216-581-0

Die Physiotherapie ist in der medizinischen Versorgung und Rehabilitation unverzichtbar geworden. Daher ist die traditionelle Rolle als sogenannter „nichtärztlicher“ Heilberuf heute zu überprüfen.“

Um motivierte und kompetente Therapeutinnen und Therapeuten im Beruf zu halten und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken sind neue Anreize durch erweiterte Handlungsspielräume unabdingbar.

In der Regel ist in der Praxis nicht bewusst wie komplex die Bedingungen sind, unten denen die Physiotherapie im aktuellen Gesundheitssystem arbeitet. Auch die „Stellschrauben“ zur Entfaltung der Potenzialen von Physiotherapie zur Sicherung der Versorgung für die ganze Bevölkerung sind in der Komplexität häufig nicht bekannt.

Die Herausgeberinnen sind selber Physiotherapeutinnen und in der Forschung und Lehre tätig. Sie haben zahlreiche Beiträge und Bücher zu den Therapiewissenschaften, der Berufspolitik und der Akademisierung der Physiotherapie veröffentlicht.

Aktuell werden gesundheits- und bildungspolitische Weichen für die Entwicklung der Physiotherapie gestellt. Die Herausgeberinnen unterstützen diese Diskussionen, indem sie konkret die verschiedensten Schwachstellen benennen, Handlungsoptionen aufzeigen und die jeweiligen Verantwortlichen zum Handeln bewegen.

Der Sammelband gliedert sich in 3 Abschnitte mit jeweils sehr unterschiedlichen Beiträgen. Am Ende jeden Beitrags befindet sich eine Literaturliste. Der erste Abschnitt befasst sich mit einer Standortanalyse und Einordnung der Physiotherapie im System der Gesundheitsversorgung.

Der zweite Abschnitt umreißt die Bezüge zu Wissenschaften, die die Physiotherapie auffordern, ihr Potential für die Gesundheitsversorgung stärker herauszustellen.

Im dritten Abschnitt werden die konkreten Handlungsfelder aufgezeigt, in den die neuen Kompetenzen und Potentiale gezielt genutzt werden können.

Die Publikation richtet sich an alle, die sich für Entwicklungsmöglichkeiten der Physiotherapie einsetzen. Durch sich ändernde gesellschaftliche Anforderung an Physiotherapie z. B. durch vermehrt chronisch erkrankte Menschen mit z. T. komplexen Versorgungssituationen, durch Teilhabe und Inklusion, durch ökonomischen Druck und Veränderungen im Gesundheitssystem ergeben sich neue Herausforderungen. Die Beiträge stecken das Feld weit ab und liefern gute Argumente für die Akademisierung und den Direktzugang der Physiotherapie.

Gerade auch diejenigen, die sich bisher wenig mit einem höheren Stellenwert der Physiotherapie in unserem Gesundheitssystem und der Versorgung von Patientinnen und Patienten beschäftigt haben, bekommen aus den verschiedensten Blickwinkeln viele gute Denk-, Diskussions- und Handlungsanstöße. Die Leserinnen und Leser können Anregungen und Argumente für die Praxis, Wissenschaft, Politik und Verwaltung ableiten und konkret Einfluss auf die Stellung der Physiotherapie im Gesundheitswesen nehmen.

Das Ziel des Buches, den an Veränderung Interessierten Mut zu machen, Zusammenhänge zu verstehen, Widerstände zu erkennen und Verantwortliche zu benennen, damit Physiotherapeutinnen und –therapeuten auch künftig sich und andere bewegen, ist in vollen Umfang erreicht.

Um die Themenfülle unterzubringen wurde, bis auf wenige Ausnahmen, auf Abbildungen verzichtet. Dadurch ist die Publikation sehr textlastig. Es erfordert Zeit und Muße die Fülle an Informationen herauszuarbeiten. Die Abschnitte hätten bei den Seiten der einzelnen Beiträge nochmal genannt oder farbig markiert werden sollen, um die Orientierung im Buch zu erleichtern.

Ein lesenswertes Werk, das unbedingt in die Qualifizierung von Physiotherapeutinnen und –therapeuten gehört. Die Argumentationen sollten wiederholt in den Fachzeitschriften und auf Kongresse diskutiert werden.

Eine Rezension von Ilka Graupner,
Diplom Medizinpädagogin, Physiotherapeutin