Österreich: Bundesrat besiegelt Einführung der Pflegelehre

Austrian parliament building with Athena statue on the front in Vienna on the sunrise. Long exposure image technic with burred cloudsDer Bundesrat hat am 7. Juni mehrheitlich die Einführung der sogenannten Pflegelehre besiegelt. Konkret soll die Möglichkeit für einen vierjährigen Lehrberuf mit Lehrabschluss Pflegefachassistenz und einen dreijährigen Lehrberuf mit Lehrabschluss Pflegeassistenz geschaffen werden. Ebenso die Stimmenmehrheit gab es für Nachbesserungen beim Pflegebonus für pflegende Angehörige bei getrennten Haushalten.

Keine Mehrheit gab es für einen Entschließungsantrag der SPÖ, umgehend wirksame Maßnahmen gegen den Pflegepersonalmangel zu setzen. Auch zwei Anträge der FPÖ, den zweiten Bildungsweg für Pflegekräfte finanziell abzusichern sowie für eine leistungsorientierte Lehrlingsentschädigung für Absolvent:innen der Pflegelehre blieben in der Minderheit. Abgelehnt wurde auch eine Forderung der SPÖ für eine "echte Übergewinnsteuer".

Einführung der Pflegelehre

Laut Regierungsvorlage sollen mit der Pflegelehre die bestehenden Ausbildungsmöglichkeiten im Pflegebereich strukturell und inhaltlich erweitert werden. Die neuen Lehrberufe Pflegefachassistenz bzw. Pflegeassistenz sollen entsprechend dem üblichen Verfahren zunächst als Ausbildungsversuche an einzelnen Berufsschulstandorten eingerichtet werden. In einer langfristigen Perspektive rechnet man zehn Jahre nach Einführung mit rund 1.000 Lehrlingen pro Jahrgang.

Die SPÖ lehne diesen Lehrberuf ab, zumal es ausreichend Ausbildungsalternativen in den bestehenden Strukturen gebe, meinte Günter Kovacs (SPÖ/B). Neben zahlreichen weiteren Kritikpunkten sehe er auch keine Modalitäten der Durchlässigkeit oder Anrechnung, um einen Umstieg zwischen den neuen Ausbildungen zu ermöglichen. Insgesamt liege die Vermutung nahe, dass junge Menschen als billige Arbeitskräfte ins System gebracht werden sollen, kritisierte Kovacs.

Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St) konterte, es sei "enttäuschend", dass die SPÖ Lehrlinge in Zusammenhang mit billiger Arbeit bringe. Außerdem werde es sehr wohl eine Durchlässigkeit geben, die in der Ausbildungsordnung festgehalten werden soll. Die Pflegelehre sei nicht der einzige Bestandteil, um den großen Personalengpässen in der Pflege entgegenzuwirken, aber ein wesentlicher, so Kornhäusl.

Fakt sei, es gebe das bekannte Personalproblem in der Pflege und bisher wenig junge Menschen, die sich für den Beruf entscheiden, sagte Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Den Lehrberuf an sich würden aber gerade am Land sehr viele Schulabsolvent:innen wählen. Mit der Pflegelehre werde eine Möglichkeit geboten, sofort in den Pflegeberuf einzusteigen.

Markus Steinmaurer (FPÖ/O) sprach sich für die Pflegelehre aus, zumal damit einer langjährigen Forderung der FPÖ nachgekommen werde. Aus seiner Sicht würden sogar bereits erfolgte Ausbildungen wie etwa als Sanitäter:in angerechnet werden können. Insgesamt müssten aber alle Register gezogen werden, mehr heimisches Pflegepersonal zu gewinnen, etwa mit einer echten Entgeltzahlung anstelle eines Bonus, so Steinmaurer.

Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher hielt fest, dass bei der Pflegelehre Lehrlinge vom ersten Tag an Lehrlingsgeld bekommen. Vorsicht sei geboten, wenn man Lehrlinge in einen Zusammenhang mit billigen Arbeitskräften bringe, denn die duale Ausbildung habe eine gute Tradition. Es gebe wirksame Instrumente der Sozialpartnerschaft, die einzelne "schwarze Schafe" unter den Betrieben aus der Lehrlingsausbildung gegebenenfalls auch ausschließe. Strenge Schutzbestimmungen bei der Pflegelehre seien ebenso sichergestellt wie die betriebliche Lehrstellenförderung und eine wissenschaftliche Evaluierung.

Was den Personalmangel in der Pflege betrifft, würden sich glücklicherweise immer mehr Menschen für den Bereich entscheiden, es seien aber immer noch nicht genug. Umso wichtiger sei dieses weitere Mosaiksteinchen der Pflegelehre, um mehr Möglichkeiten für junge Menschen für diese Berufe zu schaffen. Der Minister wies aber auch auf eine Reihe weiterer Maßnahmen hin, die für die Pflege bereits gesetzt worden seien, wie etwa das Pflegestipendium oder Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte.

Pflegebonus für pflegende Angehörige

Für den Pflegebonus wird nunmehr die Erfordernis eines gemeinsamen Haushalts mit dem bzw. der zu pflegenden Angehörigen entfallen. Im Zuge der Pflegereform wurde im vergangenen Jahr beschlossen, pflegenden Angehörigen mit niedrigem Einkommen ab Mitte 2023 diesen jährlichen Pflegebonus von 1.500 € zu gewähren. Er soll in monatlichen Teilbeträgen ausgezahlt werden, was für heuer eine Summe von 750 € ergibt. Voraussetzung für den Erhalt des Bonus ist unter anderem, dass der bzw. die zu pflegende Angehörige Anspruch auf Pflegegeld zumindest der Stufe 4 hat.


Zur Pressemitteilung: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20230607_OTS0166/bundesrat-besiegelt-einfuehrung-der-pflegelehre?utm_source=2023-06-07&utm_medium=email&utm_content=html&utm_campaign=mailaboeinzel

Foto: stock.adobe.com – rh2010

 

 

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