von Sonia Lippke & Christina Derksen
Hogrefe Verlag, Bern, 2024, 167 Seiten, 49,95 €, ISBN 978-3-456-86287-3
Bei der Gesundheitskompetenz geht es darum, dass Menschen über genügend Wissen, Verständnis, Fähigkeiten und Selbstvertrauen verfügen, um Gesundheitsinformationen zu nutzen, aktive Partner in ihrer Versorgung zu sein und sich in den Gesundheits- und Sozialsystemen zurechtzufinden. Um auf Gesundheitsinformationen zuzugreifen, sie zu bewerten und anzuwenden, müssen Menschen daher über Gesundheitskompetenz verfügen. Dabei ist die persönliche Gesundheitskompetenz der Grad, in dem Individuen in der Lage sind, Informationen und Dienstleistungen zu finden, zu verstehen und zu nutzen, um gesundheitsbezogene Entscheidungen und Handlungen für sich selbst und andere zu treffen.
Organisatorische Gesundheitskompetenz bezieht sich darauf, wie Organisationen den Einzelnen in die Lage versetzen, Informationen und Dienstleistungen zu finden, zu verstehen und zu nutzen, um gesundheitsbezogene Entscheidungen und Handlungen für sich selbst und andere zu treffen.
Die Autorinnen des Buches „Gesundheitskompetenz lehren und lernen: Trainingsprogramm für Sozial-und Gesundheitsberufe“ sind fachlich gut vorbereitet, um die Thematik im Kontext von Lehren und Lernen praxisorientiert zu vermitteln. Prof. Dr. Sonia Lippke lehrt Gesundheitspsychologie und Verhaltensmedizin an der Constructor University Bremen und forscht zu Gesundheitsverhaltensweisen und Erwerbstätigkeit. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich der theorie- und evidenzbasierten Gesundheitsförderung. Sie hat auf diesem Gebiet umfangreich geforscht sowie verschiedene Theorien und Modelle (weiter-)entwickelt und Programme getestet.
Dr. Christina Derksen ist Psychologin und arbeitet seit Mai 2023 im Zentrum für Prävention, Erkennung und Diagnose am Wolfson Institute of Preventive Medicine. Im Rahmen ihrer Dissertation forschte sie über verhaltensbedingte Einflüsse auf die Kommunikation und über Patientensicherheit in der Geburtshilfe.
Das Buch entstand im Rahmen des von der EU-geförderten Projektes IMPACCT, welches die Verbesserung der patientenzentrierten Kommunikationskompetenzen in Bezug auf Gesundheitskompetenz in der medizinischen und pflegerischen Ausbildung zum Ziel hat. IMPACCT steht für IMproving Patient-centered Communication Competences: To build professional capacity concerning health literacy in medical and nursing education.
Es ist die erste deutschsprachige Publikation zu einem Schulungs- und Trainingsprogramm zur Gesundheitskompetenz für Gesundheitsberufe. Damit schliesst dieses Buch eine Lücke zu den bereits länger bestehenden Programmen, insbesondere im englischsprachigen Raum.
In sechs Kapiteln werden die wissenschaftlichen Grundlagen und Informationen mit unterschiedlichen Lernformaten verknüpft. Durch das Train-the-Trainer-Konzept bahnen die Kapitel einen praktikablen Theorie-Praxis-Transfer an. Die vorgestellten Methoden adressieren alle Gesundheitsberufe in sämtlichen Versorgungssettings und stellen die Patient:innen in den Fokus.
Die Struktur des Buches ist klar und übersichtlich. Es beginnt mit einer einführenden Erläuterung des Konzepts der Gesundheitskompetenz und der Bedeutung dieser Kompetenz in den sozialen und gesundheitlichen Berufen. Dabei gelingt es den Autorinnen, komplexe Zusammenhänge verständlich zu vermitteln, ohne dabei an wissenschaftlicher Tiefe zu verlieren. Die klare Gliederung ermöglicht es Lesenden, sich leicht in den Inhalten zurechtzufinden und gezielt nach relevanten Informationen zu suchen.
Im zweiten Kapitel werden verschiedene Konzepte der interpersonellen Kommunikation bearbeitet und die Möglichkeiten der Vermittlung und des Trainings dargestellt. Mittels „Intervention Mapping“ führen die Autorinnen im dritten Kapitel ein Rahmenwerk für die theorie- und evidenzbasierte Planung von Gesundheitsförderungsprogrammen auf. Dieses Rahmenwerk bietet einen systematischen und schrittweisen Ansatz für die Planung von Interventionen.
Die differenzierte und übersichtliche Darstellung des konzeptionellen Rahmens für die Vermittlung von Gesundheitskompetenz sowie eine Planungsübersicht für die Interventionsentwicklung bieten zukünftigen Anwendenden eine fundierte Grundlage für die Entwicklung eines eigenen Programms. Basierend darauf wird im vierten Kapitel ein Kleingruppenprogramm in Grob- und Feinplanung vorgelegt. Es wird durch umfangreiche Arbeitsmaterialien (Folien, Handouts, Übungen, Evaluationsbögen) ergänzt, die online vom Hogrefe Verlag bezogen werden können. Diese Möglichkeit bietet sich den Lesenden auch in Kapitel fünf, in dem das Curriculum in digitale Formate und Trainingskonzeptionen überführt wird. Auch hier werden Feinplanungen inklusive zeitlicher Strukturierung, Themensetzung und Lernerfolgskontrolle angeboten.
Aufschlussreich sind die Ausführungen der Autorinnen zum Forschungsdesiderat, welches sie in Kapitel sechs beschreiben. Sie zitieren dabei bereits formulierte Empfehlungen zu weiterführender Forschung, insbesondere im Bereich der Implementierung und Evaluation von Trainingsprogrammen zur Gesundheitskompetenz.
Dieses Fachbuch bietet eine umfassende und praxisorientierte Perspektive auf die Vermittlung von Gesundheitskompetenz in sozialen und gesundheitsbezogenen Berufen. Es bietet nicht nur theoretische Hintergründe, sondern auch konkrete Anleitungen für die praktische Umsetzung in der Aus- und Weiterbildung.
Besonders positiv hervorzuheben, ist die Praxisnähe des Buches. Die Autorinnen gehen über theoretische Betrachtungen hinaus und bieten konkrete Trainingsprogramme und Übungen, die in der Ausbildung von Sozial- und Gesundheitsberufen direkt angewendet werden können.
Die praxisorientierten Beispiele ermöglichen es Lehrenden, die Konzepte der Gesundheitskompetenz effektiv zu vermitteln und Studierenden, das Gelernte aktiv anzuwenden. Dieser praxisnahe Ansatz verleiht dem Buch einen hohen Mehrwert und hebt es von rein theoretischen Abhandlungen ab.
Insgesamt bietet dieses Buch einen wertvollen Beitrag zur Vermittlung von Gesundheitskompetenz in der Aus- und Weiterbildung. Die Kombination aus theoretischem Hintergrund und praxisnahen Anleitungen macht es zu einem empfehlenswerten Werk für Lehrende, Studierende und Praktiker:innen in den Sozial- und Gesundheitsberufen.
Eine Rezension von Michaela Key
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