Praxisanleitung – gesetzeskonform, methodenstark & innovativ. So setzen Sie das Pflegeberufegesetz praktisch um

praxisanleitung gesetzeskonform methodenstark innovativ taschenbuch ursula kriestenvon Ursula Kriesten

Schlütersche, Hannover, 2021, 520 Seiten, 49,95 €, ISBN: 978-3-8426-0851-1 

 

Die Ausbildung in der Pflege ist durch das Pflegeberufegesetz PflBG (2017 / 2020) und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung PflAPrV (2018 / 2020) erstmalig bundesgesetzlich so geregelt, dass mindestens 10 % der praktischen Einsatzzeiten als geplante und strukturierte Praxisanleitung (§ 6 Abs. 3; § 18 Abs. 1 Nr. 3) stattfinden müssen (§ 4 Abs. 1). Das ist im Vergleich zu den vorherigen Gesetzen (KrPflG (2004) und AltPflG (2004)) neu und erfordert ein Umdenken von Praxisanleitung. Diesem Thema widmet sich Ursula Kriesten in ihrem umfassenden Lehrbuch für alle an der Pflegeausbildung bzw. am primärqualifizierenden Pflegestudium beteiligten Personen. 

Ursula Kriesten ist Krankenschwester und leitete bis 2020 die Akademie für Gesundheitswirtschaft und Senioren des Oberbergischen Kreises. Zusätzlich ist sie seit mehr als 10 Jahren Lehrbeauftragte und Gutachterin an Hochschulen. Sie studierte Sozialpädagogik, Betriebswirtschaft und Management und schloss mit dem Master of Business Administration ab. Danach nahm sie im Jahr 2011 ihre Promotion an der Graduiertenakademie der Martin-Luther-Universität Halle / Wittenberg auf und forschte zur der Frage, welche potenziellen Auswirkungen die generalistische Pflegeausbildung auf die altersassoziierte Pflege haben wird. Betreut wurde ihre Dissertation von Prof. Dr. Johann Behrens, der ihr aktuelles Lehrbuch „Praxisanleitung – gesetzeskonform, methodenstark & innovativ“ mit einem Geleitwort einführt. Das Buch beinhaltet einen Rundumblick für Lehrende, Praxisanleitende und Organisierende der Pflegeausbildung bzw. des -studiums. 

Ursula Kriesten beschäftigt sich dabei sowohl mit den Potenzialen als auch mit den Herausforderungen, die sich aus dem PflBG und der PflAPrV für die an der Ausbildung bzw. dem Studium beteiligten Akteure ergeben. Teilweise veranschaulicht sie ihre Ausführungen beispielhaft mit Interviewausschnitten von erfahrenen Praxisanleitenden, Leitungskräften bzw. Koordinator*innen sowie Lernenden aus den verschiedenen Pflegesettings. Zusätzlich gibt die Autorin an einigen Stellen Literaturtipps bzw. verweist mit einem QR-Kode auf relevante Checklisten oder Handreichungen, z. B. vom Bundesinstitut für Berufliche Bildung (BIBB). 

Das Buch verfügt über 17 Kapitel und lässt sich inhaltlich in vier Abschnitte unterteilen: Im ersten Abschnitt stellt die Autorin die Makroebene mit den Gesetzlichen Anforderungen sowie einem Einblick in die Vielschichtigkeit der Rollen und Aufgaben von Praxisanleitenden dar. 

Darauf folgend erläutert Kriesten im zweiten Abschnitt die Mesoebene und gibt einen Einblick in mögliche organisatorische und inhaltliche Planungsprozesse der praktischen Ausbildung sowie in die Verzahnung zwischen Theorie und Praxis. Diese Kapitel sind vor allem für leitende, koordinierende und lernortübergreifend tätige Personen von Interesse. 

Der nächste Abschnitt stellt auf der Mikroebene den Lernprozess und den*die Auszubildende*n / Studierende*n sowie den*die Praxisanleitende*n in den Mittelpunkt. Hier werden bereits bekannte Lerntheorien, der Kompetenzbegriff, die Rolle des*der Lernenden, verschiedene Lehr- / Lernmethoden (auch in digitaler Form), die Anleitungsdokumentation sowie das Prüfen und Bewerten seitens des*der Praxisanleitenden beschrieben. 

Der letzte Abschnitt skizziert ergänzend die Weiterbildungsplanung von Praxisanleitenden sowie Marketing- und Optimierungsmöglichkeiten. Abgeschlossen wird dieser Abschnitt mit einem Blick auf die Qualität von Praxisanleitung und auf mögliche Qualitätsbereiche und Qualitätsindikatoren für die praktische Pflegeausbildung. 

Das Lehrbuch besticht durch seine Breite und Aktualität im Hinblick auf Praxisanleitung. Es spricht dabei verschiedene Facetten und Akteure an. Besonders hervorzuheben ist dabei zunächst das Kapitel 3. Hier werden u. a. in Tabelle 4 die „Abfolge und Bausteine der praktischen Pflegeausbildung“ skizziert. Anhand einer Vielzahl von vorformulierten Gedanken und Fragen u. a. zur Ausbildungs- und Einsatzplanung, zum Ausbildungsvertrag und zur Ausbildungsfinanzierung – aber auch zur Öffentlichkeitsarbeit, zum Bewerbungsmanagement oder zum Einsatz von Praxisanleitungen und zur Abschlussprüfung kann sich der Träger der praktischen Ausbildung gemeinsam mit der verantwortlichen Pflegeschule auf den Weg machen, die Ausbildung in seiner Einrichtung zu konzeptionieren. 

Zusätzlich leistet Kriesten einen wichtigen Beitrag dazu, die Situation von Pflegestudierenden zu fokussieren und die besonderen Herausforderungen der Praxisanleitung in Bezug auf diese Zielgruppe zu beschreiben. Sie offeriert u. a. in den Kapiteln 8.2 – 8.7 hilfreiche Methoden zur Anleitung von Studierenden, welche das wissenschaftsbasierte Arbeiten in den Blick nehmen – was sie vor allem für Hochschulen und Praxisanleitende von Studierenden für relevant hält. 

Skizzenhaft beschreibt Kriesten in Kapitel 9 „Agile Lernmethoden“, die ein situatives, alltägliches Lernen bzw. Anleiten ermöglichen sollen (Kanban Board, Daily Stand Up, Retrospektiven). Die anderen agilen Lernmethoden (Open Space, FedEX Day, Barcamp) erfordern jedoch umfassende Vorbereitungen und sind daher lediglich inhaltlich aber nicht alltäglich als agil zu bezeichnen. 

Das Buch lädt zum Weiterdenken und Weiterentwickeln ein. So ermöglicht die Autorin einen Einblick in die digitale Welt der Lernortkooperation bzw. des Lernens. Damit wird Kriesten auch den Forderungen nach Digitalisierung gerecht und berücksichtigt die Perspektive der Auszubildenden, die im digitalen Zeitalter aufgewachsen sind (Digital Natives). Auch die Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern Praxisanleitung als Marketinginstrument und qualitätssicherndes Merkmal der praktischen Ausbildung fungieren kann, lädt zum Weiterdenken ein und fordert Ausbildungseinrichtungen dazu auf, ein besonderes Augenmerk auf Praxisanleitung (auch im Sinne von Nachwuchssicherung und Öffentlichkeitsarbeit) zu legen. 

Hervorzuheben ist der in Kapitel 17 tabellarisch dargestellte Katalog, in dem auf 28 Seiten die Ausführungen des Buches in einen Qualitätskriterienkatalog überführt werden. Dieser kann auf institutioneller Ebene dazu beitragen, Lernortkooperation, Praxisanleitung und Praxisbegleitung sowie die dazuzugehörigen Aufgaben zu organisieren und zu gestalten. 

Das Buch wird dem eigenen Anspruch und der sich daraus ergebenden Zielsetzung in Gänze gerecht. Die Kapitel sind logisch und sinnvoll strukturiert und in ihrer Abfolge absolut nachvollziehbar. Dabei ist das Buch für alle an der Praxisanleitung beteiligten Personen (Praxisanleitende, Lehrende, Ausbildungseinrichtungsleitungen und Schulleitungen) empfehlenswert, informativ und zum Weiterdenken anregend. Es beinhaltet viele Gedanken für Innovationen. Eine Weiterentwicklung bzw. Vertiefung einiger Aspekte (z. B. Praxisanleitung von Studierenden oder die Unterstützung durch Digitalisierung; Umgang mit Heterogenität) ist empfehlenswert.

Eine Rezension von Dr. rer. cur. Daniela Schlosser