Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen – Aktuelle hochschuldidaktische Konzepte und Ansätze

Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen HochschuldidaktikRobert W. Jahn, Astrid Seltrecht, Mathias Götzl
Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen
Aktuelle hochschuldidaktische Konzepte und Ansätze

Verlag wbv, Bielefeld, 2020, 209 Seiten, 39,90 €, ISBN 978-3-7639-6056-9 

Der Sammelband „Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen. Aktuelle hochschuldidaktische Konzepte und Ansätze“ ist ein Ergebnis des Workshops auf den Hochschultagen Berufliche Bildung in Siegen aus dem Jahr 2019. Ziel der Workshopleiter:innen und gleichzeitig Herausgeber:innen des Sammelbandes war es, ein Austauschs- und Kommunikationsforum für aktuelle Entwicklungen und Themen in der Ausbildung von Lehrenden an berufsbildenden Schulen zu schaffen. Robert W. Jahn ist Universitätsprofessor für Wirtschaftsdidaktik und Didaktik der ökonomischen Bildung an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Auch Astrid Seltrecht ist Professorin an der Universität in Magdeburg für Fachdidaktik Gesundheits- und Pflegewissenschaften. Der dritte Herausgeber Dr. Mathias Götzl ist Studienrat am staatlichen Berufsschulzentrum in Gotha-West, Fachleiter am Studienseminar in Erfurt sowie Lehrbeauftragter an der OvGU Magdeburg. Durch die Veröffentlichung des Sammelbandes werden die diskutierten Konzepte, Ideen und Best-Practise-Beispiele für innovative Lehr-Lern-Formate allen Praktiker:innen der beruflichen Bildung in verschiedenen Settings zugänglich gemacht. 

Zusammen mit 14 anderen Wissenschaftler:innen aus der Berufs- und Wirtschaftspädagogik oder verwandten Disziplinen entstanden insgesamt zehn Beiträge. Diese wurden entlang folgender zwei Dimensionen strukturiert. Eine Dimension beruht auf Konzepte, die die Potenziale aktueller Themen wie Digitalisierung, Theorie-Praxis-Verzahnung, reflexiven und forschenden Lernens sowie den Umgang mit Nachhaltigkeit und Migration der beruflichen Lehrkräftebildung erproben und evaluieren. Die zweite Dimension orientiert sich an verschiedenen Domänen, die unter anderem Beiträge aus der Berufs- und Wirtschaftspädagogik sowie aus verschiedenen beruflichen Fachdidaktiken enthält. 

Der erste Beitrag nach den einleitenden Worten der Herausgeber:innen umreißt die allgemeinen Veränderungen im Hochschulsystem, den Professionalisierungsdruck sowie die digitale Transformation und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die (berufsbildende) Lehrkräftebildung. Aus dem Bereich Theorie-Praxis-Verzahnung und dem Lernen durch Engagement wird das Service-Learning an der Universität Rostock in Kooperation mit der Arbeiterwohlfahrt vorgestellt. Das Lehr-Lern-Konzept hat sowohl für die jungen Menschen mit Migrationshintergrund als auch für die Studierenden einen positiven Effekt. Neben der Integrationsförderung wird die Migrationssensibilität sowie gleichzeitig die Persönlichkeitsentwicklung und Positionierung der angehenden Berufsschulkräfte gefördert. 

In einem weiteren Beitrag aus der Kategorie Theorie-Praxis-Verzahnung mit dem Titel „Verbindungen zwischen Theorie und Praxis gestalten- Studentische Tagung als kompetenzorientierte Lehr- und Lernform in Hochschulen“ überlegen Masterstudierende und Praxisvertreter: innen gemeinsam, wie sie den neuen Arbeits- und Lernanforderungen begegnen können. Anschließend folgt ein Konzept aus dem Kontext reflexiven und forschenden Lernens mit dem Titel „[z]u wissen, dass wir zählen, gegen die Kälte“. Der Autor stellt vor dem Hintergrund der themenzentrierten Interaktion ein offenes und kritisch-subjektorientiertes Seminarkonzept an der Universität Rostock vor, welches die Studierenden zu einer kritischen Gestaltungsfähigkeit in Bezug auf ihr persönliches und berufliches Handeln ermutigt. 

Darauf folgt ein Beitrag zu „Poetry-Slam-Texten in der wissenschaftlichen Lehrerbildung“ aus der Perspektive der kaufmännischen-beruflichen Bildung. Die Arbeit mit Poetry-Slam-Texten wird als identitätsfindend und als Chance, die Brücke zwischen ökonomischen Themen und der Alltagssprache zu schlagen, beschrieben. Die Potenziale für den Einsatz in der Lehrkräfteausbildung und an berufsbildenden Schulen werden deutlich herausgearbeitet. Nachfolgend wird das Universitätsschulkonzept der Wirtschaftspädagogik in Bamberg skizziert. Nach einer kurzen theoretischen Einführung wird die Kooperation detailliert und praxisorientiert vorgestellt. Es wird deutlich, dass die Organisation von Universitätsschulen sehr aufwendig ist und weit über den Bereich der Lehre in die Forschung und Entwicklung reicht. 

Aus dem Bereich reflexiven und forschenden Lernens wird anschließen „[d]er Einsatz von Webblogs in schulpraktischen Studienphasen und ihr Potenzial zur Analyse der Reflexionsfähigkeit von Studierenden“ in den Blick genommen. Im Rahmen einer qualitativen Evaluationsstudie werden die Blogeinträge der Studierenden hinsichtlich Reflexionsbreite und -tiefe analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von Blogs diese positiv beeinflussen kann. Zudem eignen sich Webblogs zur Verstärkung von kommunikativen Prozessen in schulpraktischen Studienphasen. Es ist jedoch zu beachten, dass große Unterschiede zwischen den Studierenden existieren und nicht allein von der Qualität des Blogbeitrags auf die Reflexionskompetenz geschlossen werden kann. 

Abschließend folgen drei Beiträge mit dem Themenschwerpunkt der Kasuistik. Aus den Reihen der Universität Kiel wird ein Seminarkonzept in Anlehnung an den Forschungsansatz Design-Based Research zur vignettenbasierten Fallarbeit vorgestellt, um den Umgang mit Inklusion und Heterogenität an beruflichen Schulen zu fördern. Weiter werden aus der Perspektive der beruflichen Fachrichtung Gesundheit und Pflege die Besonderheiten des „doppelten Fallbezugs“ in den Fokus gesetzt. Daraus entstand an der Universität Magdeburg die Idee zum Aufbau eines Fallarchivs (Projekt GUPFpäd). Darauf basierend wird der Aufbau der fachdidaktischen Lehrkonzepte an der Universität Magdeburg konkret beschrieben und begründet. Im letzten Beitrag des Sammelbandes mit dem Titel „[z]ur Anbahnung professioneller Unterrichtswahrnehmung in der beruflichen Lehramtsausbildung mittels Videovignetten zu pflegeberuflichem Unterricht“ wird erneut das Thema Kasuistik aufgegriffen. Ziel ist es, durch den Einsatz von authentischen Unterrichtssituationen professionelle Unterrichtswahrnehmung bei den angehenden Berufsschullehrkräften anzubahnen. Im Rahmen eines Seminars mit dem Fokus auf den Umgang mit Heterogenität werden an der WWU in Münster offene und geschlossene Analysen der Unterrichtsvideos durchgeführt. Aus diesen beiden Ansätzen werden Potenziale und Herausforderungen zur Ausbildung von professioneller Unterrichtswahrnehmung abgeleitet und diskutiert. 

Das Buch „Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen“ bildet die innovative Hochschullandschaft in der beruflichen Lehrkräfteausbildung sehr gut ab. Die beschriebenen Konzepte sind gut nachvollziehbar und regen zum Ausprobieren und zum Weiterentwickeln in der eigenen Lehre an. Das Werk liefert sowohl theoretische Grundlagen als auch wichtige Hintergrundinformationen für die Umsetzung der Konzepte und empirische Befunde. Aufgrund der vielfältigen und konkreten Praxisbeispiele und den daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen erfüllt das Buch seine Zielsetzung, Transferpotentiale für andere Hochschulen, Domänen und nachgelagerten Phasen der Lehrkräfteausbildung zu erschließen. Das Buch ist für alle Lehrende in der Ausbildung von beruflichen Lehrkräften zu empfehlen, aber auch für interessierte Lehrende an beruflichen Schulen, die ihren beruflichen und persönlichen Horizont erweitern möchten. 

Eine Rezension von Prof. Dr. Ursula Walkenhorst und Katharina Schwanke M.Ed.