Miriam Peters
Bedingungen digitalen Lernens in der Altenpflege am Beispiel der Technikbereitschaft
Verlag Barbara Budrich, Bonn, 2021, 310 Seiten, 34,90 €, ISBN 978-3-8474-2947-0
Angesichts des hohen Fachkräftemangels in der Altenpflege kommt der Digitalisierung und Technisierung eine besondere Bedeutung zu. Für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften resultiert daraus die Notwendigkeit der Vermittlung und Nutzung digitaler Lernformate. Mit dem Wirksamwerden des Pflegeberufegesetzes (PflBG) sind die Rahmenlehrpläne für den theoretischen und praktischen Unterricht und die Rahmenausbildungspläne für die praktische Ausbildung geändert und dezidiert Anforderungen an die digitalen Kompetenzen in der Pflegebildung und -praxis formuliert worden. Eine grundlegende Voraussetzung ist hierfür die Technikbereitschaft und -akzeptanz bei Lehrenden und Lernenden im Pflegebereich.
Hier setzt die Dissertation von Miriam Peters, die in den Berichten zur Berufichen Bildung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) veröffentlicht worden ist, an. Im Mittelpunkt der Arbeit steht zum einen die Frage, wie sich die Bedingungen des digitalen Lernens in der Altenpflegeausbildung in Rheinland-Pfalz darstellen. Zum anderen wird untersucht, wie in diesem Bundesland die Technikbereitschaft von Lehrenden und Lernenden in der Pflegeausbildung ausgeprägt ist und welche Rolle dabei die Institution Schule spielt. Die Auswahl des Bundeslandes Rheinland-Pfalz liegt vor allem in der Einbettung der Dissertation in das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Game Based Learning in Nursing – Spielerisch Lernen in authentischen, digitalen Pflegesimulationen (GaBaLEARN)“ begründet.
Die Monografie von Miriam Peters gliedert sich neben der Einleitung in fünf Hauptabschnitte. Im zweiten Kapitel werden die Spezifika des Berufsfeldes der (Alten-)Pflege als personenbezogene Humandienstleistung beschrieben, die Bedeutung des Technikeinsatzes und der Techniknutzung in der Pflegearbeit dargestellt und ein Überblick über Methoden und Modelle zur Erfassung von Technikakzeptanz gegeben. Das dritte Kapitel ist den Ergebnissen einer systematischen, international angelegten Literaturrecherche zu theoretischen, kontext- und organisationsbezogenen Aspekten der Technikakzeptanz in der Pflege und Pflegebildung gewidmet. Darauf aufbauend liegt der Fokus des vierten Kapitels auf empirischen Erhebungen zur Technikbereitschaft in der Altenpflege in Rheinland-Pfalz und deren Auswertung. Dies geschieht auf der Basis eines Mixed-Methods-Designs mittels einer quantitativ-standardisierten Befragung in Altenpflegeschulen im Bundesland Rheinland-Pfalz und qualitativen, leitfadengestützten Experteninterviews u. a. zur Identifikation von organisationalen Bedingungsfaktoren, die einen Einfluss auf digitales Lernen und die Technikbereitschaft in der Altenpflegebildung in diesem Bundesland haben. Die statistischen Auswertungen der quantitativen Erhebungsdaten stützen sich u. a. auf eine hypothesengeleiteten Mehrebenenanalyse unter Verwendung inferenzstatistischer Schätzverfahren. Die Auswertung der leitfadengestützten Interviews von Lehrenden und Lernenden stützt sich auf die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring. Im fünften Kapitel werden Schlussfolgerungen aus den zentralen Untersuchungsergebnissen für die Pflegebildung auf der Makro-, Meso- und Mikroebene und für weitergehende wissenschaftliche Untersuchungen abgeleitet. Im siebten Kapitel wird ein abschließendes Fazit und ein Ausblick auf insbesondere methodische Anforderungen zukünftiger Forschung gegeben.
Miriam Peters hat eine theoretisch fundierte und hypothesengeleitete empirische Arbeit zu den Bedingungen und Einflussfaktoren des digitalen Lernens in der Pflegebildung am Beispiel des Bundeslandes Rheinland-Pfalz unter besonderer Berücksichtigung der Technikbereitschaft vorgelegt. Im Zuge der digitalen Transformation in der Pflege kommt dieser Fragestellung eine hohe professionsbezogene und praktische Relevanz zu, die in dieser Form – zumindest in Deutschland – bislang noch nicht so systematisch und differenziert bearbeitetet worden ist.
Die Arbeit zeichnet sich durch eine gelungene Aufarbeitung und Analyse der komplexen Wechselbeziehungen zwischen gesetzlichen Rahmenbedingungen auf der Makroebene und der Pflegeschulen auf der Mesobene sowie individuellen Einflussfaktoren wie Geschlecht, Alter, Erfahrung etc. auf der Mikroebene aus – bezogen auf die Bereitschaft zur Nutzung digitaler Lernformen in der Pflegebildung. Besonders hervorzuheben ist die systematische Herangehensweise verbunden mit einer gelungenen theoretischen Durchdringung der Zusammenhänge sowie einer methodisch und statistisch anspruchsvollen Beschäftigung mit dem erhobenen empirischen Datenmaterial. Auch die Entwicklung eines hierarchischen Modells zur Erfassung der Technikbereitschaft und deren Überprüfung anhand der Mehrebenenanalyse für die Subgruppe der befragten Lernenden stellt eine überzeugende
Leistung dar.
Mit der vorliegenden Arbeit leistet Miriam Peters einen wichtiger Beitrag zu einem tiefergehenden theoretisch wie empirisch begründeten Verständnis der Bedingungen des digitalen Lernens in der zunehmend digital geprägten Pflege(aus-)bildung. Verdienstvoll ist u. a. auch, dass Miriam Peters im fünften Kapitel (S. 188 ff.) aus ihren Analysen abgeleitet Vorschläge formuliert, etwa hinsichtlich der Notwendigkeit einer eindeutigen Zuständigkeit einzelner Ressorts in den Bundesländern für die berufliche Pflegeausbildung im Rahmen der digitalisierten Transformation oder der Intensivierung weitergehender, dem Untersuchungsgegenstand jeweils angepasster Untersuchungen auf Bundes- und Länderebene zur Akzeptanz und Nutzungsbereitschaft digitaler Lernformate gerade auch in der generalistischen Pflegeausbildung.
Eine Rezension von Prof. Dr. Wolfgang Becker