Menche, N. (Hrsg.)
Pflege heute
Lehrbuch für Pflegeberufe
Elsevier (Urban & Fischer), München, 2011, 7. Aufl., XXI und 1593 S., 75 €, ISBN 978-3-437-26778-9
Pflege heute erscheint im 23. Jahr zum siebten Mal. Bei dem umfangreichen Werk gibt man wohl besser die Kilo (3,5 kg) an Stelle der Seiten an. Der Verlag gibt parallel zu der großen Ausgabe noch eine Version des Lehrbuches zum Mitnehmen heraus, bei der auf der Verlagsseite schon die Kilo angegeben werden – 2,6 kg – passt gut in die Kitteltasche.
Das Lehrbuch ist jetzt in 5 unterschiedlich große Themenbereiche gegliedert, die nicht mehr eigens überschrieben, sondern nur farblich abgegrenzt sind:
Themenbereich I – Pflegeprozess und Pflegediagnostik
In diesem fast 1200 Seiten umfassenden Teil folgen in einem ersten Abschnitt nach einem Kapitel zum Pflegeprozess und zur Pflegeplanung sowie einem zur Patientenbeobachtung 10 Kapitel zu zentralen Dimensionen, mit denen sich Pflege beschäftigt (Atmung, Herz-Kreislauf-System usw.). Es folgen Ausführungen zu Pflege bei Schmerzen und in Notfallsituationen. Jetzt kommen Kapitel zur Entwicklung des Menschen, zu Gesundheitsförderung und Prävention sowie zu Rehabilitation. Der erste Abschnitt wird abgeschlossen durch Kapitel zur Pflege von Kindern, zur Pflege von alten Menschen sowie Pflege in der letzten Lebensphase. Der zweite Abschnitt dieses ersten Themenbereichs enthält 17 Kapitel zu „Pflege bei … (verschiedenen Erkrankungen bzw. med. Disziplinen).
Themenbereich II – Kommunikation und Beratung
Auf knapp 40 Seiten werden Kommunikation, Konfliktmanagement, Information, Schulung, Beratung und Anleitung abgehandelt.
Themenbereich III – Intra- und interprofessionelles Handeln
Neben dem Thema „Hygiene“ sind hier Ausführungen zu Diagnostik, zu Heilmethoden und Therapie sowie zur perioperativen Pflege, Intensivpflege und Anästhesiepflege angeordnet.
Themenbereich IV – Gesetze, Verordnungen, ethische Leitlinien
In diesem Themenbereich werden die Verortung der Pflege im Gesundheitssystem dargestellt sowie die rechtlichen und ethischen Aspekte des pflegerischen Handelns.
Themenbereich V – Wissenschaft und Berufsethik
Im ersten Kapitel werden sehr kurz die theoretischen Grundlagen der Pflege als Wissenschaft und deren Anfänge skizziert. Es folgen Erläuterungen zur Pflegeforschung, und die Pflegetheorien und -modelle werden dargestellt. Das zweite Kapitel ist dem Pflegeberuf als Profession gewidmet – Geschichte der Pflege, Verständnis von Pflege und Pflegeberufe, pflegerische Aufgaben und Berufsfelder, Pflegebildung sowie Pflegepolitik.
Grundsätzlich wird die Arbeit mit dem umfangreichen Buch durch ein Verzeichnis zentraler Fachbegriffe und ein gutes Abkürzungsverzeichnis am Anfang des Buches sowie ein nach Kapiteln strukturiertes Literaturverzeichnis und ein ausführliches Register am Ende des Buches erleichtert. Ausreichend erläuterte Symbole und farblich unterlegte Textteile unterstützen die Arbeit darüber hinaus.
Das Lehrbuch orientiert sich weiter an der Logik der pflegerischen Arbeit in der Klinik; dies scheint angesichts der Tatsache, dass pflegerische Arbeit überwiegend in diesen Institutionen stattfindet, nicht unangemessen. Jedoch scheinen die Themenbereiche II, IV und V, in denen die wesentlichen Grundlagen des beruflichen Selbstverständnisses behandelt werden, sowohl umfangmäßig eher unterrepräsentiert als auch von der Anordnung im Buch nicht gerade überbewertet.
Hinsichtlich der Abhandlung der pflegerischen Tätigkeit in den Funktionsabteilungen OP und Anästhesie bleibt grundsätzlich die Frage, ob die massiv verkürzte Darstellung dieser Fachbereiche in einem Krankenpflegelehrbuch sinnvoll ist. Die OP-Pflege in einem Kapitel „perioperative Pflege“ einzufügen, die Anästhesiepflege jedoch eigenständig darzustellen, ist nicht ohne Weiteres plausibel – dies führt z. B. dazu, dass die pflegerische Betreuung von Patienten vor und im OP sowie die Versorgung nach dem Aufwachraum zur perioperativen Pflege, die Betreuung im Aufwachraum jedoch zur Anästhesiepflege zählt.
Es erschließt sich auch nicht, weshalb in der Unterüberschrift des Themenbereiches V die Berufsethik erwähnt ist, während diese als Kapitelüberschrift in diesem Themenbereich nicht erscheint, und ethische Leitlinien Gegenstand des Themenbereiches IV sind.
Diese Inkonsistenzen mögen mit dem vermutlich immer zum Scheitern verurteilten Versuch zusammenhängen, in einem Lehrbuch alle Aspekte einer großen Disziplin abzuhandeln. Die Sinnhaftigkeit dieses Bemühens muss grundsätzlich in Frage gestellt werden. Ein Problem, dass sich ebenfalls aus dem beschriebenen Bemühen ergibt, ist dann, wenn sich das Lehrbuch primär an Auszubildende wendet, wohl nicht ganz so gravierend; für ältere Menschen ist das Lesen mit der sehr kleinen Schrift eher beschwerlich.
Eine Rezension von Paul-Werner Schreiner